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Friedrichshagener Dichterkreis

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Geschichte

Friedrichshagen wurde zwischen 1890 und 1905 zum Mittelpunkt der literarischen und intellektuellen Szene der Reichshauptstadt, zum Treffpunkt von Künstlern, Anarchisten, sozial eingestellten Politikern und Lebensreformern, die angetreten waren, die Gesellschaft auf allen Feldern zu reformieren, ja auch zu revolutionieren.

Gleichgesinnte und Sympathisanten aus ganz Europa trafen sich in dem kleinen Ort östlich von Berlin.  Den Anfang machten Wilhelm Bölsche, Bruno Wille, die Brüder Heinrich und Julius Hart sowie die Brüder Paul und Bernhard Kampffmeyer mit ihren Familien.

Einst hatte es sie in die pulsierende Großstadt Berlin gezogen, die sie aber nach wenigen Jahren abzustoßen begann. Viel angenehmer erschien ihnen dagegen die seen- und waldreiche Gegend bei Friedrichshagen, die Wilhelm Bölsche und sein Freund Bruno Wille nach einem Ausflug 1888 zu Gerhart Hauptmann in Erkner und einer Einladung des Journalisten und linken Sozialdemokraten Max Schippel an den Müggelsee für sich entdeckten.

Hier erkannten sie, wie weit sie sich von der Natur entfernt hatten und wie anregend der Aufenthalt für ihre publizistischen, künstlerischen, politischen und populärwissenschaftlichen Arbeiten war. Vor allem Bölsche empfand die dörfliche Abgeschiedenheit als die für ihn adäquate Umgebung, um durch innere Erneuerung und Selbstbesinnung zur Poesie zu finden. Ähnlich dürften die Schweden Ola Hansson, seine Frau Laura Marholm und ihr Freund August Strindberg gedacht haben, die 1891/92 zum losen Zusammenschluss stießen, der als „Friedrichshagener Dichterkreis“ Literaturgeschichte machte.

Neben dem „harten Kern“, der sich bereits 1893 aufzulösen begann, lebten in Friedrichshagen für Monate oder Jahre auch der Illustrator und Jugendstilmaler Fidus, der linke Journalist und Sozialist Georg Ledebour, der Schriftsteller Willy Pastor, der Dichter Christian Morgenstern, die Anarchopazifisten und Publizisten Gustav Landauer, Erich Mühsam, Wilhelm Spohr, Albert Weidner und Hermann Teistler.

Rückblickend urteilte Julius Hart über diese Zeit: »Für einige Jahre wurde Friedrichshagen zu etwas wie einem Klein-Weimar der modernen Geister in der Kunst, zu einem Hauptmittelpunkt des literarischen Lebens, wo die meisten einmal ihre Visitenkarte abgaben.«

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